Gebäude-Expedition
(Eventgarten)
Der Eventgarten im Hotel Altstadt
Haben Sie schon einmal in der Natur einen trächtigen Obstbaum mit blauen Äpfeln gesehen? Kerngesunde Äpfel, saftig lecker zum Reinbeißen, nur eben in blauer Farbe? Würden Sie dieser ungewöhnlichen Erfahrung das Wort – surreal – zuordnen? Derart staunen unsere Gäste im Eventgarten Hotel Altstadt. Erwarten darf man viel, aber für eine kleine Stadt am See in der Lausitz, der Innenhof einer eher biederen Straße, dafür sind die Baulichkeiten schon surreal, unwirklich. Hier war die heimliche Spielwiese der DDR- Erlebnisgastronomie. Die Gastronomie des Herrn Acksel hatte zwei Gäste-Schleusen. Zunächst benötigte ein Gast eine formale Einladung für eine Veranstaltung, um überhaupt ins Gebäude zu gelangen und ein noch engerer Kreis durfte in den geheimnisumwitterten Erlebnisgarten. Glücklicherweise ändern sich Zeiten und Systeme, der Mensch bleibt als Individuum, willkommen im Eventgarten der Gegenwart mit Ausblick auf die Gastrowelten der Zukunft.
Der Eventgarten ist nicht Teil des Denkmals. Wir könnten ihn theoretisch abreisen und an selber Stelle ein eParkhaus errichten, oder wie ein befreundeter Bau-Ingenieur aus unserer unmittelbaren Nachbarschaft, der meinte ernsthaft, die Säulen abreisen, den Pool mit Erde aufschütten und an dieser Stelle einen Baum pflanzen. Nach seinem Gestaltungsvorschlags fühlten wir uns betroffen. Seine Meinung, die wir bautechnisch als radikal empfinden ist legitim, wir haben uns mit seinem Vorschlag auseinandergesetzt. Bäume haben wir genug im Garten, die jetzige Baulichkeit soll erhalten bleiben. Sie bietet künftigen Veranstaltungen zusätzliche Entfaltungsspielräume.
Sie betreten mit uns einen Bestandteil der Liegenschaft, einen Innenhof, der Anfang 2019 über zwei Dekaden derart zugewachsen und von Menschen in Vergessenheit geraten war, dass man letztlich nur an Dornröschen denken konnte. Während sie lange Jahre schlief, hat der mürrische Zeitgeist des Gerümpels ihre Pforte mit Erfolg bewacht. Das Efeu hatte mit seinen starken Trieben und Ästen das halbe Wasserbecken überwuchert und Wege innerhalb dieses Garten-Labyrinths waren verschlossen, Wege waren nicht sichtbar. Beispielsweise ein kleiner Balkon wurde erst von uns entdeckt, nachdem wir sehr viel zähes Gestrüpp entfernten. Leider fanden wird keine Prinzessin, sondern die Verlängerung und der Ausgang des Küchenrohrs und viel Unrat. Müll und Natur hatten sich über Jahre ungestört vereint (sinnbildlich: Efeuwurzel im Milchdöschen).
Direkt hinter der Tür im Garten befinden Sie sich in einem geschlossenen Mauerwerk bei offenem Himmel. Je nach Blickwinkel erkennen Sie einen Burg-Charakter. In den drei kleinen Fensterbögen im Ritterwerk standen sonderbare Beton-Zahnräder ohne Boden als Blumentöpfe. Auf der rechten Seite ist eine Nische. Aktuell für Fahrräder und Leitern. Das alte vergitterte Fenster ist von der Küchen-Logistik. Viele Jahre stand hier eine Unmenge an Mülltonnen und Unrat herum. Defekte Kühlschränke, aufgetürmte Plastikkisten, Türverschläge und Sperrmüll, die „Demontage“ dieser Verkrustung war ein konsequenter Weg über Monate. Nun ist alles bereinigt in diesem Eventgarten-Vorplatz. Ein Gast in einem Hotel hat keine Mülltonnen zu sehen, sonst wäre dies ein NO-GO und daher stehen sie jetzt an einem geeigneten Platz im Innenhof. Die Wände der Nische werden neu gefliest. Diese 2qm Abstellfläche bildet in ihrer Gesamtbetrachtung ein Fenster zur Küchen-Logistik, ein Kellerfenster zur Hauswerkstatt und ein Abstellplatz für Fahrräder für unsere Übernachtungsgäste; und für unser im Archiv wartendes Dienstrad. Die Gästezimmer werden themenspezifisch eingerichtet. Neben dem Kaiserzimmer Nummer 6 wird es auch im Dach ein „Fahrradfahrer-Zimmer Nummer 7“ geben. In der Innenhof-Nische können die Gäste Ihre Fahrräder sicher über die Nacht abstellen.
Ein paar Schritte weiter befindet sich auf der linken Seite ein Aufgang durch das Burgmauerwerk. Hier ist die Terrasse des Gartens, mit Säulen, Bögen, Steinbauspielereien, und hinter einer Brüstung ist das große Wasserbecken. Links oben sehen Sie den Balkon, auf dem ganz sicher mal Dornröschen stand bevor sie verzaubert wurde. Wenn Sie Ihren Blick wenden, zum Haus schauen, sehen Sie im Erdgeschoss das Küchenfenster und rechts daneben das Fenster zum Spiegel-Saal. Dann sehen Sie dieses nicht zu übersehende Abluftrohr der Küche, „brutal“ quer am Haus entlanggebohrt. Das künftige Küchenabluftrohr wird senkrecht nach oben geführt in schwarzer Farbe und die Spitze soll an die Metallkrone eines alten Zahnraddampfers erinnern. Auf der Terrasse befindet sich ein Zugang zum Feuerzimmer. Diese imposante Räumlichkeit wird in der nächsten Expedition beschrieben. Eine drei Meter lange Glas Tür im Plastikrahmen. Anfang 2019 noch war die Terrasse verweist und eine Hundetoilette.
Das Wasserbecken mit seinen rot-blauen Kacheln ist nostalgisch, es fügt sich gut in die Baulichkeiten ein, wenn auch bautechnisch aktuell sehr ramponiert. Die Fliesen tauschen wir nach der Grundreparatur. Nachdem das Efeu weggeschnitten war und wir Zugang zum Wassertümpel hatten, dauerte es nicht lange, und eine Heimwerkerpumpe begann diese Kloake auszupumpen. Hektisch kam der Pächter und machte uns darauf aufmerksam, in dem Gewässer seien noch Fische. Das konnte sich wohl keiner von uns vorstellen. Mit zwei Pumpen (die mehrfach wegen des Schlamms streikten) und 3 Leuten inkl. dem Boss waren wir abwechselnd einen Monat lang beschäftigt das Gewässer leer und sauber zu bekommen. 1.500 Eimer Schlamm, Gestrüpp, sehr viel Unrat und eine Kiste Ziegelsteine, unsere Findlinge. Manche Aufgaben im Leben meistert man besser mit der Einstellung „der Weg ist das Ziel“. Im Garten war diese Gedanken-Disziplin oft notwendig. Und tatsächlich, aus dem Wasserbecken holten wir 23 große Goldfische heraus (10-12cm) und 30 kleinere Fische. Dann begann die Logistikarbeit. In diesen Tagen sah das Foyer unseres Hauses wie eine Zoohandlung aus, mit all den unterschiedlichen Köchern, einer Anglerhose, Gummistiefel, Haken, Ösen und diversen Plastikbehältnisse mit Fischen.
Ein Gespräch im Frühjahr 2019:
Amadeus: „Boss, hast Du nicht jetzt gerade einen Termin bei Eurem regionalen Wirtschaftsverein?“ *staun*
Holger: „Keine Zeit, ich muss hier ein Unternehmen aufbauen!“
So sagte er es in völliger Euphorie und verschwand mit Anglerhose und diversen Köchern in der mittlerweile halbleeren Wassergrube bei Sonnenuntergang. Die ganze Aktion war in der Nachschau lustig, wir hatten einen großen Spaß. (Tatsächlich hat er an diesem Abend noch zwei lebende Fische aus dem Schlamm gezogen.) Eine Präsentation stand im Mai 2019 auf dem Plan und fasst alle Akteure waren wenige Tage davor ausschließlich im Angelfieber.
Wenn wir die Terrasse wieder verlassen, dem Hauptgang folgen, haben wir linker Hand das Wasserbecken und rechts verbaute Rohre, die einst als Säulen kreiert wurden. Die Rohre waren mit dickem Rauputz ummantelt, der mehr als zur Hälfte schon abgefallen war. Zur linken Seite treppauf können Sie das Wasserbecken umrunden und Gegenüber zur Terrasse und der Rückseite des Hauses schauen. Am Wasserrand entlang durchschreiten Sie massives Steinwerk und dort ist in Ihrem Blickwinkel hinter Stein verdeckt eine rostige aber begehbare Treppe nach oben zum Balkon. Linker Hand eine alte und schon teilrestaurierte Gartentür, die von innen mit Gipsplatten verbaut war. Dieser Gartenbereich war lange durch die Natur hartnäckig verschlossen. Aktuell parken hier Hasenkäfige ohne Tiere. Wir hatten im Herbst 2019 das ländliche Vergnügen einen nicht geplanten Testbetrieb mit Hasen im Hotel zu fahren. Die Käfige werden abgeholt und auf dem Portikus ist ein Hase verewigt; zu Ehren des Hasenzüchtervereins Großräschen.
Das länglich weiße Gebäude, genauer beschrieben, die Grundmauern eines Gebäudes, mit durchgefaultem Zwischenboden, wurde von den jeweiligen Betreibern gastronomisch sehr unterschiedlich genutzt. In Erinnerung ist eine Bowlingbahn, die im unten Bereich aufgebaut war. Wenn wir die Treppe hinaufgehen, befinden wir uns im Dornröschengang mit einem geplanten Thekenbereich. Herr Acksel hatte hier oben die Wände mit Inka-Symbolik bemalt, die wir aber nicht mehr retten konnten. Derweilen hat unser „Ritter“, den wir zum Rekonstruktionsteam zählen, die vermorschte Holz-Zwischendecke entfernt und Grundbalken für eine neue Decke gelegt. Dann kam der Winter und die Baumaßnahme musste eingestellt werden.
Hier oben im Dornröschengang sehen Sie auch den sonderbaren Ausgang der Küchenabluft. Nebenbei erwähnt, unfassbar, deswegen sich zwei geschätzte Nachbarn von Großräschen über einen Zeitraum von 20 Jahren nicht grüßten. Über dem Thekenraum soll ein Atrium aufgesetzt werden. Für das erste Obergeschoss als Teil der geplanten Business-Lounge (Meeting & Gastronomie für 6-8 Personen) und darüber eine Erweiterung der Hotelfläche.
Im fortschreitenden Bereich des Eventgartens sehen sie eine offene Baustelle. Sachlich betrachtet ist der gesamte Eventgarten eine Baustelle, die Baulichkeiten müssen zum großen Teil alle repariert oder restauriert werden. In einer Ecke ein verwachsenes Treppenwerk aus Stein, dessen konkrete Struktur wir noch nicht vollständig freigelegt haben und ein ehemaliger gemauerter Komposthauen. Dieser steht in Planung umgebaut eine Außendusche zu werden. Dann sehen Sie eine Abdeckung, hier parken winterfest die Paletten, die wir unter dem Thekenbereich im Salon Seestadt im ersten Obergeschoss entfernt haben. Die Rückwand des Eventgartens, sowie die nicht verbaute Seite entlang zum Nachbargrundstück erhalten einen „Limes“ aus Baumstämmen mit Spitze. Damit hat der Eventgarten einen sauberen und thematisch passenden Abschluss und Belange der Nachbarschaft wegen Fensterchen und Kabelstränge sind nicht tangiert.
Galerie Eventgarten Dezember 2019