Gebäude-Expedition

(Sanitär)

Die sanitär Anlage im Erdgeschoss 

Die Eingangstür rechtsseitig vom Korridor ist originell, eine Flügeltür mit Einzelbereich-Abtrennung bedingt durch eine dahinter verlaufende Wand. Die sanitäre Anlage ist sauber und geruchsneutral; auch bei Nacht. Sie wurde intensiv einen ganzen Tag lang (!) gekärchert und ist nach dieser wasserreichen Flutung im Reinigungsplan der Hotel-Hauswirtschaft enthalten. Eine Etage unter der sanitären Anlage befindet sich unser „geliebtes“ Archiv und das hatte an diesem Tag zeitgleich seine erste bestandene Wassertaufe (siehe Foto). Der WC-Bodenabfluss ist undicht, zum Glück ist dort unten alles langzeitverpackt.

Die Fliesen mit tastbarem floralem Dekor sind in den 90er Jahren eingesetzt worden. Diese Fliesenart wurde auch in privaten Badezimmern häufig verwendet, weniger im gewerblichen Bereich. Es existieren heutzutage Gasthäuser mit weniger hübschen Fliesen. Der sanitäre Ist-Zustand entspricht dennoch nicht unserer Vorstellung von einem Wohlfühlerlebnis für unsere Gäste. Eine zwar saubere und funktionale, aber atmosphärisch empfunden eine öffentliche Toilette im stationären Schienenverkehr. Der Rollladen im WC war mehrere Jahre geschlossen, da die Ziehleine abgerissen war; eine unvorstellbar surreal haarsträubende Situation. Es gab nur künstliches Licht und der Lichtschalter befindet sich im Foyer, dort, wo ein Restaurantgast nicht hingelangt. Mit einer Flex und brachialer Anstrengung haben wir im Frühjahr 2019 dem verbauten und lichtentzogenen Raum das Tageslicht zurückgegeben. Nach der Rollladen-Demontage empfanden wir die räumliche Aussicht, bei Tageslicht besehen, wie die Vorkommnisse einer Grab-Öffnung.

Die sanitäre Anlage steht in unserem besonderen Augenmerk, hier erfolgen weitreichende Baumaßnahmen. Die gesamte Armatur inklusive der Keramik wird abmontiert und anderweitig verwertet, alle Boden- und Deckenfliesen verabschieden sich als Bauschutt umweltgerecht. Die WC-Innenwände werden ebenfalls entsorgt, die neuen Kabinenwände werden höher und sind plastikfrei. Entsorgt wird auch die abgesenkte Zwischendecke, störrisch verschraubte Metall-Schienen mit Licht-Spots, die die Eigenschaft haben WC-Kabinen optisch zu Löchern für den goldenen Schuss zu machen. Wir nutzen beide Räume in der ursprünglichen Raumhöhe. Beide Räume sind im oberen Bereich mit Glasbausteinen verbunden, dies wird durch die jetzige Decke verborgen. (Wussten Sie, dass in der Lausitz einst auch Glasbausteine produziert wurden?) Hier, oberhalb der Decke hat sich ein eigener Kosmos gebildet. Und dieser verbaute Zwischenraum nach oben hatte sehr sichtbar sein verrottendes Eigenleben in den letzten vielen Jahren. Eine WC-Kabine war bereits für die Nutzung gesperrt, weil abgefallener Putz auf der Oberseite der Zwischendecke zu Bedenken in der Statik führte. (Die Kosmos-Bilder gingen nur mit Tageslicht zu fotografieren). Die Wasseranschlüsse belassen wir an ihren Stellen, entweder verlegen wir die Versorgungslinien in dekorative Rund-Blenden, oder wir verbauen sie teils in das Mauerwerk.

Das aktuell gültige Raumkonzept sieht neue Fliesen für die Wände und den Boden mit dezent arabischen Konturen vor. Von der Raumdecke sollen künftig verchromte Industriestrahler mit Bezug zur Architekturgeschichte installiert sein. Die neuen Armaturen sollen ein modernes, leicht ausgefallenes und gut zu pflegendes Design haben.

„Diskussionsforum Herren-WC Hotel Altstadt“: Bei einer Denkmalbegehung im November 2019 mit dem Denkmalamt, war die sanitäre Anlage der finale Schauplatz einer kniffeligen ethischen Frage, die keinesfalls neu ist und von fünf Personen dementsprechend nicht einheitlich beantwortet werden konnte. Steht der Umweltschutz über oder unter dem Denkmalschutz, am Beispiel der eher in traurige Mitleidenschaft gezogenen alten Holzfensterfront im WC mit provisorischen DDR-Kunststoffgriffen (Kellerfund); Der Aufhänger: Wärmedämmung der Fenster. Zwei respektable Behördenmitarbeiter, zwei selbständige Handwerker und ein etwas ratlos beiwohnender Liegenschaftseigentümer diskutierten leicht hitzig über nachvollziehbare Zuständigkeiten. Man stelle sich eine schöne neue Welt vor, in der es zwar keine Menschen mehr gibt, aber Denkmäler die von Wesen mit künstlicher Intelligenz besichtigt und bestaunt werden.

Genug berichtet vom Abort! Freuen wir uns auf den Ausflug zum Großräschen See!